Das Silverlight-Team von Microsoft hat in seinem Blog kurz vor Microsofts Hausmesse, der MIX, ein Statement zur eigenen Position bezüglich Silverlight und HTML5 abgegeben, das lesenswert ist.
Darin wird nun klar zum Ausdruck gebracht, worauf ich schon ein paar Monate gewartet habe und was abzusehen gewesen ist. Nämlich, dass man intern wohl eingesehen hat, dass Silverlight im Web keine Zukunft hat. Ich habe schon häufiger gesagt, dass Silverlight im Web tot ist - aber das ist nicht ganz richtig. Denn um zu sterben, muss man ja erst mal gelebt haben.
Die Vergangenheit
Defacto hat es Silverlight seit seiner Einführung nicht geschafft, eine kritische Masse an Installationen zu erreichen. Das sieht Microsoft selbst zwar etwas anders, doch die im Sommer letzten Jahres angeführten 60% Verbreitung halte ich einerseits für geschönt, andererseits sind 60% gegenüber nahezu 100% (auf dem Desktop) bei der Konkurrenz von Adobe nicht genug, um eine Applikation in die freie Wildbahn zu lassen. Sprich Silverlight ist auch heute noch in jedem Szenario ungeeignet, in dem man die Nutzer nicht kennt oder zumindest nicht davon ausgehen kann, dass man ein so tolles Produkt hat, dass sie sich das Plugin installieren.
Dazu kommt ein weiteres Problem, das Microsoft nicht exklusiv hat, sondern mit Adobe teilt: Apple, die sich beharrlich weigern, Flash oder geschweige denn Silverlight auf iOS zu lassen. Man kann von den Kaliforniern halten was man will, mit dem iPhone und dem iPad haben sie inzwischen eine Verbreitung erreicht, die sich genauso wenig ignorieren lässt wie die (zum Glück schwindende) Anzahl an Menschen, die mit dem Internet Explorer 6 durchs Web surfen.
Daraus folgt, dass Browser-Plugins für öffentlich zugängliche Websites oder Webapplikationen stand heute nicht mehr verwendbar sind, möchte man nicht einen erheblichen Teil seiner potentiellen Nutzerschaft ausschließen oder viel Aufwand und Geld in Fallback-Lösungen investieren (bei Videos z.B. mag das noch funktionieren, bei klassischen RIA-Szenarien aber schon nicht mehr).
Die Zukunft
Zukünftig wird man sich also umorientieren müssen. Glücklicherweise gibt es aber nicht mehr nur einen Player auf dem Markt, sondern mit Google, Apple, Mozilla, Microsoft und mit Abstrichten noch Opera der ganzen fünf. Während Apple mit seiner Entscheidung kontra Flash und Silverlight auf der einen Seite Fakten schafft, tut dies vor allem Google auf der anderen. Die technische Entwicklung von Chrome ist dabei noch atemberaubender als der ebenso schnell wachsende Marktanteil.
Google hat dabei den Stab von Mozilla übernommen, die jahrelang die einzigen waren, die wirklich etwas voran gebracht haben und dabei auch Microsoft irgendwann aus dem Dornröschenschlaf rissen (wir erinnern uns: eigentlich wollte man in Redmond die Browser-Entwicklung nach dem IE6 komplett einstellen). Aber während vor einigen Jahren immer nur ein Player die tragende Rolle spielte, stacheln sich alle Wettbewerber heute mehr oder weniger gegenseitig an.
Das Ergebnis ist HTML5 - eigentlich ein ziemlich fieses Buzzword, was auch schnell für Verwirrung sorgt. Denn mit HTML hat HTML5 in seiner geläufigen Bedeutung wenig zu tun - es vereint vielmehr die Kombination der Technologien HTML, CSS und JavaScript. Alles nicht neu, aber angereichert mit verschiedenen standadisierten Browser-Komponenten wie Video oder Canvas werden die Browser durch diesen Mix zu immer leistungsfähigeren Applikations-Plattformen.
Wer die Richtung sehen will, in die sich das entwickeln könnte, sollte sich mal Chrome herunterladen und dort Tweetdeck installieren. Oder einfach in Safari, Chrome oder Internet Explorer 9 iPaint aufrufen.
Die Übergangszeit
Leider ist das Leben kein Ponyhof. Genausowenig wie man sich auf die Verbreitung von Flash oder Silverlight verlassen und sich in seinen Elfenbeinturm verkriechen kann, kann man sich heute hinstellen und HTML5-Applikationen für die Masse verkaufen. Bei Chrome, Firefox, Opera und Safari wird sich das sehr schnell entspannen, da hier Updates sehr schnell Verbreitung finden (Chrome aktualisiert sich z.B. selbst im Hintergrund).
Problematisch bleiben weiterhin die "alten" Internet-Explorer-Versionen, die berücksichtigt werden wollen: 6, 7 und 8. Zwar lässt sich auch hier relativ viel mit Extralösungen bewerkstelligen, das aber zu einem sehr hohen Preis.
Bleiben Kompromisslösungen, wie wir sie z.B. beim Relaunch des Mattendesigners von mymat.de in den vergangenen Wochen bewusst gewählt haben. Hier wurde eine Flash-Applikation durch eine "HTML5-Applikation" abgelöst. Ich setze das deshalb in Anführungszeichen, weil zwar eine gehörige Portion HTML5 drin steckt, aber eben einiges aus Kompatibilitätsgründen auch noch auf dem klassischchen Weg gelöst wurde.
Der Designer läuft nun auf jeder Desktop-Plattform und auch auf Android und vor allem iOS - und damit dem iPad. Zwar ließe sich auf jeder der vielen Plattformen noch mehr herausholen, aber man muss ja auch immer das Kosten-/Nutzenverhältnis berücksichtigen. Von daher zeigt das Beispiel schon ganz gut, dass auch heute vieles bereits im Web ohne Plugins möglich ist, wenn auch nicht alles.
Die Zukunft von Silverlight
Wie ich gerade merke, bin ich etwas abgeschweift und Silverlight spielt in diesem Post keine große Rolle. Nicht so schlimm, denn das widerspiegelt ja nur die Bedeutung des Plugins im Web ;-).
Ich glaube persönlich, dass Silverlight für Entwickler eine schöne Technologie ist, auch das Tooling ist rund und an vielen Stellen garantiert auch besser als das von HTML5. Aber es nützt ja alles nichts - im Web wird Silverlight keine Rolle spielen. Das hat Microsoft erkannt und schwenkt nun um.
Entwickler, die voll und ganz auf die Silverlight-Karte gesetzt haben, sind ja nicht ganz verloren - denn mit Windows Phone 7 besteht ja zumindest eine Chance, dass sich eine Plattform entwickelt, in der man sein SL-Know-How gewinnbringend auch in den nächsten Jahren wird einbringen können.
Nur im Web wird das eben nix mehr.